Feldenkrais und Bewusstheit
Die Feldenkrais-Methode „Bewusstheit durch Bewegung“ bietet den idealen Rahmen um ein Gespür für den Zustand der Bewusstheit zu bekommen.
Wir üben uns darin, mit unserer Beobachtung bei dem zu sein was wir tun, bei unserem Körper und den Bewegungen. Unser Geist soll in die Lage versetzt werden sich mit seiner gesammelten Aufmerksamkeit einer Sache zu widmen und das Beobachten dieses Tuns als das Wichtigste zu betrachten was es in diesem Moment zu tun gibt.
Wird ein solcher Zustand während der Stunde erreicht, arbeiten alle drei Anteile unseres Gehirns, die entwicklungsgeschichtlich als zwei ältere und ein jüngerer Anteil gelten, in einem harmonischen Zusammenspiel miteinander. Die beiden älteren Anteile bringen Bewusstsein, die Fähigkeit zu denken, die Reflexe und jene Zentren, die die körperlichen Abläufe steuern. Der jüngere Anteil trägt Unterscheidungsvermögen, die Fähigkeit zur Entscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten und eben die Fähigkeit zur Bewusstheit, das wache Beobachten dazu bei.
Prägt Bewusstheit diejenige Aktivität, welche gerade eben ansteht, verliert sich die eingeschränkte Sichtweise und wir fühlen uns stimmig in uns selbst. Beim Wahrnehmen der Bewegungen bekommen weit voneinander entfernt liegende Bereiche des Körpers plötzlich eine fühlbare Verbindung zueinander und die Bewegung selbst gewinnt an Tiefe und Struktur. Wir werden uns unserer Selbst bewusst.
Unabhängig von den Beobachtungen in den Stunden „Bewusstheit durch Bewegung“ können wir geistige Bewusstheit im Alltag beachten und üben. Um wahrgenommen werden zu können, muss der Mangel an Bewusstheit zuerst einmal ins Bewusstsein rücken und auffällig werden. Damit das geschieht übt man sich darin Pausen ins Denken einzubauen. In den Denkpausen wird nicht gedacht. Das ist nicht so einfach wie es klingt.
Um den Sinn dieser Übung verständlich zu machen, hier eine kurze Erklärung: Immer wenn wir uns im Denken verlieren, verringert sich auch die objektive Wahrnehmungs- und Beurteilungsfähigkeit für die Realität und wir können eine emotionale Unausgeglichenheit bei uns wahrnehmen. Wir werden gedacht, das Denken wird nicht mehr bewusst gesteuert sondern beherrscht die Wahrnehmung wie ein autonomes Energiefeld. Das ist keine gute Situation. Leider finden wir sie dennoch häufig vor und ertappen uns in Momenten, in denen wir mit den Gedanken ganz woanders waren und (ohne Bewusstheit) etwas taten, was eigentlich gar nicht vorgesehen war.
Übt man sich darin immer mal wieder eine kurze Pause vom Denken einzulegen, so treten diese Verirrungen seltener auf bzw. werden früher wahrgenommen. Ein Beitrag zur wachen Bewusstheit.
Neben den Übungen zur Bewusstheit, welche die spontanen, kreativen und intuitiven Anteile einer Person fördern, sollen die an anderer Stelle dieser Seite dargestellten Übungen dazu beitragen, über den Zustand des entspannten Bewegens und Wahrnehmens das Zusammenspiel der linken und rechten Gehirnhälfte zu verbessern. Somit wird neben der in unseren Breiten dominanten und verstandesbetonten Seite auch der Einfluss der untergeordneten gefühlsbetonten Seite gestärkt. Als Ergebnis kann über kurz oder lang beobachtet werden, dass auch die gefühlsbetonten Anteile einer Person deutlicher hervortreten, was zur Folge hat, dass sie oder er besser zu mögen ist. Unsere Mitmenschen erscheinen uns freundlicher und liebevoller nicht etwa dadurch, dass sie sich plötzlich verändert hätten, sondern dies geschieht oft auch als Reaktion auf die eigene veränderte Wahrnehmung. Wir nehmen das deutlicher wahr, was wir bei uns selbst zutage befördert haben.
Was wir aussenden bekommen wir zurück, die Umwelt spiegelt unseren eigenen Zustand und den Stand unserer Entwicklung. Und an dem gilt es zu arbeiten.
Ein Ausspruch von Albert Einstein soll zum Weiterdenken anregen:
Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
Der rationale Geist ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, welche den Diener ehrt
Und das Geschenk vergessen hat.